Christiane T. fragte am 31.03.2017 zum Thema Gesundheitspolitik, Krankenversicherung

Setzen Sie sich - im Rahmen der "Bürgerversicherung"- für gerechte Konditionen für Selbständige ein? Also Beitragsberechnung nicht nach einem unrealistischen, gar nicht erzielbaren Einkommen, sondern Beitragsberechnung nach gleichem Anteil wie bei Nichtselbständigen? Denn jetzt sind schon die Beiträge zur Krankenkasse bei sehr vielen Selbständigen Wucher, d.h.damit ist ein Wirtschaften nicht möglich; teilweise liegt der Beitrag sogar über dem Einkommen! Wenn nun noch der Rentenbeitrag dazukommt, bedeutet das für viele Berufsverbot. Der Grund liegt in der steigenden Verarmung der Bevölkerung, das sind alles keine Kunden mehr. Setzen Sie sich für die Abschaffung der Bemessungsgrenze und für die Beitragspflicht auf Kapitalgeschäfte ein? Damit wäre ein Beitrag für KV und RV von geschätzt 3-5% möglich, das kann sich ein Armer leisten und dem Reichen tut es nicht weh.

Günter Ploß antwortete

Sehr geehrte Frau Geäaxyre,

durch technische Problem hat mich Ihre Anfrage erst jetzt erreicht.
Hierfür bitte ich um Ihr Verständnis.
Zunächst möchte ich in Erinnerung rufen, dass Selbstständige überdurchschnittlich von Altersarmut betroffen sind. Deshalb ist eine rentenrechtliche Absicherung zwingend erforderlich. Ver.di fordert dies seit geraumer Zeit. Gemeinsam haben wir mit dem DGB , der Volkssolidarität und dem Sozialverband Deutschland vor einiger Zeit ein Konzept zur Einführung einer Erwerbstätigenversicherung (nicht Bürgerversicherung) erarbeitet. Darin wird gefordert, grundsätzlich an den gegenwärtigen beitragsrechtlichen Regelungen festzuhalten. Allerdings sind Sonderregelungen für Selbstständige erforderlich:
- für die Bestimmungen des Arbeitseinkommens kann an bereits bestehende gesetzliche Regelungen in den Sozialgesetzbüchern IV und VI angeknüpft werden
- der so genannte Regelbeitrag sollte beibehalten bleiben, sofern Selbstständige nicht die Berücksichtigung ihres tatsächlichen Arbeitseinkommens beantragen
- bei Existenzgründungen müsste der für drei Kalenderjahren mögliche halbe Regelbeitrag (was natürlich zu einem niedrigeren Rentenanspruch führt) aus Steuermitteln auf den vollen Beitragssatz aufgestockt werden
- es sollte auch ermöglicht werden, Beitragszahlungen für einen begrenzten Zeitraum auszusetzen/zu stunden
- es sind Regelungen für bestehende Versorgungswerke zu finden. Ver.di setzt sich dafür ein, dass der im Herbst zu wählende Bundestag die Schaffung einer Erwerbstätigenversicherung in Angriff nimmt. Falls Interesse besteht, könnte ich Ihnen die Broschüre mit den Vorschlägen für eine Erwerbstätigenversicherung mailen.

Ihre beiden anderen Fragen betreffen nicht nur die Selbstständigen:
1. Die Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze würde dazu führen, dass Versicherte mit einem höheren Einkommen sehr hohe Rentenansprüche erwerben würden, was eine weitere Spreizung der Alterseinkommen zur Folge hätte. Die Einführung einer Leistungsobergrenze für Rentenansprüche/-zahlungen wäre ein unzulässiger Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip.
2. Die Heranziehung von nicht beitragspflichtigen Einkommensanteilen (z.B. Kapitaleinkommen, Mieteinnahmen) zur Finanzierung von Solidaraufgaben der Rentenversicherungspflicht sollte im Rahmen einer Erwerbstätigenversicherung über eine sozial gerechte Besteuerung und nicht über Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung erreicht werden.

Mit freundlichen Grüßen.
Günter Ploß