Silke W. fragte am 05.05.2017 zum Thema Krankenversicherung, Gesundheitspolitik

Auf der Ver.di-Seite las ich zum Thema Bürgerversicherung u.a., dass a) die Beitragsbemessungsgrenzen angehoben werden sollen und dass b) auch Selbständige, die offenbar einseitig nur als Besserverdienende wahrgenommen werden, einzahlen sollen. Was ist mit Selbständigen, die nur ein Jahreseinkommen von 6000 € nach Ausgabenabzug erwirtschaften? Also ihren Unterhalt mit 500€ monatlich bestreiten. Welche Abgaben gehen davon an die Sozialversicherungen? Welche Beitragsbemessungsgrenze würde zugrunde gelegt?

Wiebke Koerlin antwortete

Liebe Kollegin Silke,

die Bürgerversicherung bezieht sich auf die Weiterentwicklung des bestehenden Systems der Krankenversicherung und Pflegeversicherung zu einer solidarischen Bürgerversicherung. Dann können Schwächere von Stärkeren mitgetragen werden. Selbstständige und Beamtinnen und Beamte werden dann Mitglied in dieser Bürgerversicherung.

ver.di setzt sich für eine nachhaltige Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung ein und fordert einen Kurswechsel in der Rentenpolitik. Dazu gehört auch die Weiterentwicklung zu einer Erwerbstätigenrente. Das fordern neben ver.di auch viele Sozialverbände.

Im Regelfall haben Selbstständige ihre eigenen Alterssicherungssysteme wie Versorgungswerke, oft auch als Pflichtmitgliedschaft. Ob und wieweit die geschätzten 2 bis 3 Millionen Selbstständigen ohne verpflichtende Altersversorgung freiwillig privat vorsorgen, kann nur geschätzt werden.

Ein Jahreseinkommen von ca. 6000 Euro deutet auf eine Solo-Selbstständigkeit (also ohne weitere Angestellte) hin. In Ver.di sind ca. 30.000 Selbstständige organisiert in einer eigenen Personengruppe. Viele haben nur ein geringes Einkommen, sie kommen aus dem Dienstleistungsbereich, z.B. aus der Medienbranche, aus der IT-Branche ebenso wie aus Serviceberufen z.B. auf Messen oder in Hotels. Das sind oft prekäre Beschäftigungsformen. Das Armutsrisiko dieser Gruppe ist mit zehn Prozent mehr als dreimal so hoch als für abhängig Beschäftigte. Bei dieser Einnahmenhöhe ist es sehr schwierig, eine eigene, private Altersvorsorge zu finanzieren. Die ist aber nötig, um Altersarmut zu entgehen.

Eine konkrete Ausgestaltung von Bemessungsgrenzen oder Freibeträgen gibt es noch nicht. Eine Einbeziehung der Selbstständigen in versicherungs- und leistungsrechtliche Regelungen muss so gestaltet sein, dass sie den speziellen Besonderheiten der selbständigen Erwerbstätigkeit – so weit wie möglich - gerecht wird. Ein paritätischer „Arbeitgeberanteil“ könnte den Auftraggebern auferlegt werden. Wer wenig einnimmt, zahlt auch wenig, so wird es dann auch sein.

In unserer Personengruppe „Freie und Selbstständige“ werden diese Themen intensiv beraten. Wer Mitglied ist, kann hier mitmachen. Selbstständige können bei den Sozialwahlen derzeit nicht wählen, aber sie können Mitglied in ver.di werden, wenn die satzungsgemäßen Voraussetzungen vorliegen.

Ich hoffe, diese Anregungen entsprechen Ihren/Deinen Erwartungen.

Herzliche Grüße

Wiebke Koerlin